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Liebe Postprofis,

Die Komplexität der Einführung digitaler Verwaltungsprozesse ist erheblich und die Frage ist, wie beginnt man diesen Prozess am besten?

8 Argumente zur elektronischen Erfassung von eingegangener Post

Die erste zu stellende Frage ist, warum beschreitet man diesen Weg? Es muss ja konkreten Nutzen geben, ansonsten lässt man lieber die Finger davon. Am Lehrstuhl für Marketing der Steinbeis-Hochschule in Berlin werden acht Kernargumente für die Digitalisierung genannt, die einerseits Vorteile bringen, andererseits beachtet werden müssen:

  1. Die Grenzkosten, also die zusätzlichen Kosten der erbrachten Leistung, sind geringer als bei analogen Verfahren.
  2. Informationen sind in gleicher Form schneller verfügbar und kopierbar.
  3. Digitale Daten können schneller zusammengefasst und analysiert werden.
  4. Die Informationen sind, entgegen analogen Daten, raum- und zeitunabhängig bereitstellbar.
  5. Es ergeben sich neue Sicherheitsanforderungen durch die wesentlich schneller verbreitbaren und auch zugänglichen Daten.
  6. Die Geschwindigkeit der Kommunikation und des Informationsaustausches nimmt enorm zu.
  7. Es entstehen neue Anforderungen an der Mensch/Maschine-Schnittstelle. Es müssen digitale Daten wieder in analog verfügbare Informationen transferiert werden. Beispiele sind Sprachcomputer wie Siri oder Alexa. Aber auch Bedienoberflächen an diversen Terminals und Eingabegeräten gehören dazu. Hier sind die Ergonomie und Bedienerfreundlichkeit für effiziente Arbeitsweise von grosser Bedeutung.
  8. Die Transaktionskosten sinken enorm. Hiermit sind Speicherkosten, Suchkosten und Übermittlungskosten gemeint.

Der erste Schritt in die digitale Postbearbeitung

Wenn ein Unternehmen oder eine Organisation in die Systematisierung ihrer Digitalisierungsprozesse einsteigt, dann sollte das mit einem initialen Workshop begonnen werden. Folgende Parteien sollten daran teilnehmen:

Poststelle

Die Poststelle ist als erste Instanz, bei der alle physischen Informationen eingehen, wichtiger Teilnehmer. Hier muss zukünftig die wesentliche Arbeit bei der Umsetzung von analogen Briefinformationen in digitale Daten und deren Aufbereitung für die nachfolgenden Fachbereiche erbracht werden.

Interne Organisationsabteillung und Geschäftsleitung

Die interne Organisationsabteilung sollte im Boot sein, denn es werden sich Abläufe und Verfahren ändern und diese neuen Regelungen und Absprachen müssen der Geschäftsleitung vorgetragen werden.

Ohne die Geschäftsleitung und die Festlegung von grundsätzlichen Vorgaben funktioniert die Einführung der Digitalisierung nicht.

IT-Abteilung

Die IT ist früh zu beteiligen, um von Anfang an die richtigen Wege einzuschlagen. So manches mal höre ich, dass man ja Multifunktionskopierer für den Einstieg in das Scannen nehmen könne. Hiervon ist dringend abzuraten und der IT müssen die Gründe dafür transparent erklärt werden.

Personalbateilung

Die Personalabteilung muss ebenfalls früh einbezogen werden. Oftmals bestehen unberechtigte Sorgen im Unternehmen. So zum Beispiel, dass Arbeit in der Poststelle wegfällt, was mitnichten der Fall ist. Im Gegenteil, wahrscheinlich kommt mehr Arbeit auf die Poststellen zu. In jedem Fall ändern sich die Anforderungen und Arbeitsweisen vieler Menschen in vielen Bereichen des Unternehmens und dafür müssen die Weichen gestellt werden.

Arbeitsabläufe vereinfachen und standardisieren

Was kann nun ein Initialworkshop leisten, um den Einstieg so reibungslos wie möglich zu erzielen? Von erfahrenen Praktikern sind die absoluten Notwendigkeiten und Voraussetzungen auszuarbeiten, ohne die man nicht beginnen sollte. Es geht hier um Organisationsrichtlinien, Arbeitsweisen in der Poststelle, der Postkorbgestaltung der Empfänger und viele rechtliche Fragen. Ein sich banal anhörendes Thema sind immer wieder die Brieföffnungsregeln. Auch ist der Umgang mit Werbesendungen, die einen erheblichen Anteil im Posteingang ausmachen, festzulegen. Ebenso müssen verbindliche Vorgaben für Privatsendungen in Briefform und bei den elektronischen Medien definiert werden. Ohne ein komplettes Umdenken und eine konsequente Vereinfachung der Arbeitsabläufe einhergehend mit einer umfassenden Standardisierung sollte man erst gar nicht beginnen. Als Ergebnis sollte bei dem Workshop eine erste Definition der zu erledigenden Aufgaben und eine erste Abschätzung zum Kosten- Nutzenverhältnis herauskommen.

Der nächste Schritt ist dann, sich das grundsätzliche OK der Geschäftsleitung einzuholen. In der Folge ist ein verfeinertes Umsetzungskonzept mit Projektaussagen zu Kosten und Laufzeit zu erarbeiten, um ein Unternehmensprojekt im Konsens mit den wichtigsten Beteiligten zu starten, wozu dann auch die Rechtsabteilung einzubeziehen hat.

Sie sehen also, dass Digitalisierung einen „Rundumschlag“ im Unternehmen auslöst. Holen Sie sich zu Beginn Fachleute, die die Leitplanken mitbestimmen und Anfangsfehler vermeiden helfen.

Autor: Klaus Gettwart
Fachexperte und Seminarleiter der InfoLog Akademie.

Liebe Postprofis,

Alle reden drüber, jeder versteht etwas anderes darunter. Es passiert zu wenig – was ist los und woran liegt es, dass wir bei der Digitalisierung nicht vorankommen?

Die Worte „zu wenig“ sind natürlich provozierend, denn es gibt einige rühmliche Ausnahme. Gemeint ist damit, dass wir in der Schweiz in Summe lediglich im unteren Mittelfeld der Digitalisierungsentwicklung liegen. In einem Land, das von seinem Wissen und seinen klugen Köpfen lebt.

Zunächst muss erklärt werden, was mit Digitaliserung gemeint ist, bzw. welcher Aspekt betrachtet werden soll. Hier ist die Rede von der Digitalisierung in den Verwaltungsprozessen. Verwaltungsprozesse sind „Stützprozesse“, die dem eigentlichen Unternehmenszweck dienen. Es geht im weitesten Sinne um die Informationslogistik und den möglichst optimalen Umgang mit Informationen.

Die Informationslogistik ist verantwortlich dafür, dass die richtigen Informationen in der richtigen Form beim richtigen Empfänger zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Wir wissen heute, dass im betrieblichen Umfeld die beste und effizienteste Form der Information die digitale Information ist. Sie ist raum- und zeitunabhängig verfügbar, automatisierbar und kosteneffizient. Analoge Informationen haben und behalten ihre Berechtigung, positionieren sich aber neu. Der geschriebene Brief, der Katalog, die Postkarte, das haptische Erlebnis einer Zeitung oder Zeitschrift decken eine andere Zielstellung ab als die digitale Information. Auch ist der Eindruck auf den Empfänger ein anderer. Dieser Unterschied ist nicht aufhebbar und das ist auch gut so. Aber überall dort, wo es rein um die effiziente Verarbeitung von Daten geht, hat die digitale Form ihre Vorzüge. Wir wissen das, wir haben die Technologien dafür – schon lange – warum dauert die Umstellung
in den Organisationen so lange?

Die Implementierung digitaler Prozesse in Organisationen erfordert eine Auseinandersetzung mit Werten. Es braucht eine andere Führungskultur, mehr Selbststeuerung, Delegation von Verantwortung und vor allem Vertrauen. Das passt mit hierarchischen Strukturen, Herrschaftswissen und Silodenken nicht zusammen. Und damit haben wir den Ort der Verharrungskräfte identifiziert: Es sind nicht die Mitarbeitenden, die fachliche Arbeit leisten und schon gar nicht die Poststellen.

Es ist das Management, das Veränderung und Bereitschaft zeigen muss. Aufgabenstellungen einer vernetzten, komplexen und schnelllebigen Welt müssen kompetenz- und themenübergreifend bearbeitet werden. Das überfordert die Hierarchien in den Unternehmen. Digitalisierung scheitert an den Abteilungsgrenzen.

Um die Chancen der digitalen Arbeitsweise zu nutzen und um echte Wettbewerbsvorteile zu erzielen, muss sich die Führungskultur eines Unternehmens öffnen und dezentrale Selbststeuerung sowie Eigenverantwortung zulassen. Es müssen neue Regeln der Kommunikation festgelegt werden. Damit ist gemeint, dass es Regeln geben muss, welche Medien wie genutzt werden. Es muss ein guter Mix aus elektronischem Austausch und persönlichen Besprechungen gefunden werden, in denen man im Dialog komplexe Fragestellungen lösen oder Missverständnisse effizient ausräumen kann.

In einer funktionierenden digitalen Welt gewinnen gleichzeitig der persönliche Kontakt und gemeinsame Abstimmungen im Dialog an Bedeutung. Im Umfeld einer neuen Kultur können dann die Effizienz der Arbeit aus Unternehmens- und aus Mitarbeitersicht steigen und die gestiegenen Anforderungen bewältigt werden. Die erfolgreiche Digitalisierung und digitale Arbeitsweise in Organisationen liegt in der Verantwortung des Managements. Hier müssen die zentralen Vorgaben gegeben und die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Mein Appell an Poststellen: Fordern Sie diese Vorgaben ein, zeigen Sie die Ineffizienzen und Potentiale auf! Legen Sie sich nicht zurück und erwarten ohne Eigeninitiative, dass etwas passiert!

Autor: Klaus Gettwart
Fachexperte und Seminarleiter der InfoLog Akademie.