Digitalisierung – warum geht es so langsam voran?

Schnecke auf LAN-Kabel

Liebe Postprofis,

Alle reden drüber, jeder versteht etwas anderes darunter. Es passiert zu wenig – was ist los und woran liegt es, dass wir bei der Digitalisierung nicht vorankommen?

Die Worte „zu wenig“ sind natürlich provozierend, denn es gibt einige rühmliche Ausnahme. Gemeint ist damit, dass wir in der Schweiz in Summe lediglich im unteren Mittelfeld der Digitalisierungsentwicklung liegen. In einem Land, das von seinem Wissen und seinen klugen Köpfen lebt.

Zunächst muss erklärt werden, was mit Digitaliserung gemeint ist, bzw. welcher Aspekt betrachtet werden soll. Hier ist die Rede von der Digitalisierung in den Verwaltungsprozessen. Verwaltungsprozesse sind „Stützprozesse“, die dem eigentlichen Unternehmenszweck dienen. Es geht im weitesten Sinne um die Informationslogistik und den möglichst optimalen Umgang mit Informationen.

Die Informationslogistik ist verantwortlich dafür, dass die richtigen Informationen in der richtigen Form beim richtigen Empfänger zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Wir wissen heute, dass im betrieblichen Umfeld die beste und effizienteste Form der Information die digitale Information ist. Sie ist raum- und zeitunabhängig verfügbar, automatisierbar und kosteneffizient. Analoge Informationen haben und behalten ihre Berechtigung, positionieren sich aber neu. Der geschriebene Brief, der Katalog, die Postkarte, das haptische Erlebnis einer Zeitung oder Zeitschrift decken eine andere Zielstellung ab als die digitale Information. Auch ist der Eindruck auf den Empfänger ein anderer. Dieser Unterschied ist nicht aufhebbar und das ist auch gut so. Aber überall dort, wo es rein um die effiziente Verarbeitung von Daten geht, hat die digitale Form ihre Vorzüge. Wir wissen das, wir haben die Technologien dafür – schon lange – warum dauert die Umstellung
in den Organisationen so lange?

Die Implementierung digitaler Prozesse in Organisationen erfordert eine Auseinandersetzung mit Werten. Es braucht eine andere Führungskultur, mehr Selbststeuerung, Delegation von Verantwortung und vor allem Vertrauen. Das passt mit hierarchischen Strukturen, Herrschaftswissen und Silodenken nicht zusammen. Und damit haben wir den Ort der Verharrungskräfte identifiziert: Es sind nicht die Mitarbeitenden, die fachliche Arbeit leisten und schon gar nicht die Poststellen.

Es ist das Management, das Veränderung und Bereitschaft zeigen muss. Aufgabenstellungen einer vernetzten, komplexen und schnelllebigen Welt müssen kompetenz- und themenübergreifend bearbeitet werden. Das überfordert die Hierarchien in den Unternehmen. Digitalisierung scheitert an den Abteilungsgrenzen.

Um die Chancen der digitalen Arbeitsweise zu nutzen und um echte Wettbewerbsvorteile zu erzielen, muss sich die Führungskultur eines Unternehmens öffnen und dezentrale Selbststeuerung sowie Eigenverantwortung zulassen. Es müssen neue Regeln der Kommunikation festgelegt werden. Damit ist gemeint, dass es Regeln geben muss, welche Medien wie genutzt werden. Es muss ein guter Mix aus elektronischem Austausch und persönlichen Besprechungen gefunden werden, in denen man im Dialog komplexe Fragestellungen lösen oder Missverständnisse effizient ausräumen kann.

In einer funktionierenden digitalen Welt gewinnen gleichzeitig der persönliche Kontakt und gemeinsame Abstimmungen im Dialog an Bedeutung. Im Umfeld einer neuen Kultur können dann die Effizienz der Arbeit aus Unternehmens- und aus Mitarbeitersicht steigen und die gestiegenen Anforderungen bewältigt werden. Die erfolgreiche Digitalisierung und digitale Arbeitsweise in Organisationen liegt in der Verantwortung des Managements. Hier müssen die zentralen Vorgaben gegeben und die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden. Mein Appell an Poststellen: Fordern Sie diese Vorgaben ein, zeigen Sie die Ineffizienzen und Potentiale auf! Legen Sie sich nicht zurück und erwarten ohne Eigeninitiative, dass etwas passiert!

Autor: Klaus Gettwart
Fachexperte und Seminarleiter der InfoLog Akademie.