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Liebe Postprofis,

Die Komplexität der Einführung digitaler Verwaltungsprozesse ist erheblich und die Frage ist, wie beginnt man diesen Prozess am besten?

8 Argumente für die digitale Postbearbeitung

Die erste zu stellende Frage ist, warum beschreitet man diesen Weg? Es muss ja konkreten Nutzen geben, ansonsten lässt man lieber die Finger davon. Am Lehrstuhl für Marketing der Steinbeis-Hochschule in Berlin werden acht Kernargumente für die digitale Postbearbeitung genannt, die einerseits Vorteile bringen, andererseits beachtet werden müssen:

  1. Die Grenzkosten, also die zusätzlichen Kosten der erbrachten Leistung, sind geringer als bei analogen Verfahren.
  2. Informationen sind in gleicher Form schneller verfügbar und kopierbar.
  3. Digitale Daten können schneller zusammengefasst und analysiert werden.
  4. Die Informationen sind, entgegen analogen Daten, raum- und zeitunabhängig bereitstellbar.
  5. Es ergeben sich neue Sicherheitsanforderungen durch die wesentlich schneller verbreitbaren und auch zugänglichen Daten.
  6. Die Geschwindigkeit der Kommunikation und des Informationsaustausches nimmt enorm zu.
  7. Es entstehen neue Anforderungen an der Mensch/Maschine-Schnittstelle. Es müssen digitale Daten wieder in analog verfügbare Informationen transferiert werden. Beispiele sind Sprachcomputer wie Siri oder Alexa. Aber auch Bedienoberflächen an diversen Terminals und Eingabegeräten gehören dazu. Hier sind die Ergonomie und Bedienerfreundlichkeit für effiziente Arbeitsweise von grosser Bedeutung.
  8. Die Transaktionskosten sinken enorm. Hiermit sind Speicherkosten, Suchkosten und Übermittlungskosten gemeint.

Der erste Schritt in die digitale Postbearbeitung

Wenn ein Unternehmen oder eine Organisation in die Systematisierung ihrer Digitalisierungsprozesse einsteigt, dann sollte das mit einem initialen Workshop begonnen werden. Folgende Parteien sollten daran teilnehmen:

Poststelle

Die Poststelle ist als erste Instanz, bei der alle physischen Informationen eingehen, wichtiger Teilnehmer. Hier muss zukünftig die wesentliche Arbeit bei der Umsetzung von analogen Briefinformationen in digitale Daten und deren Aufbereitung für die nachfolgenden Fachbereiche erbracht werden.

Interne Organisationsabteillung und Geschäftsleitung

Die interne Organisationsabteilung sollte im Boot sein, denn es werden sich Abläufe und Verfahren ändern und diese neuen Regelungen und Absprachen müssen der Geschäftsleitung vorgetragen werden.

Ohne die Geschäftsleitung und die Festlegung von grundsätzlichen Vorgaben funktioniert die Einführung der Digitalisierung nicht.

IT-Abteilung

Die IT ist früh zu beteiligen, um von Anfang an die richtigen Wege einzuschlagen. So manches mal höre ich, dass man ja Multifunktionskopierer für den Einstieg in das Scannen nehmen könne. Hiervon ist dringend abzuraten und der IT müssen die Gründe dafür transparent erklärt werden.

Personalabteilung

Die Personalabteilung muss ebenfalls früh einbezogen werden. Oftmals bestehen unberechtigte Sorgen im Unternehmen. So zum Beispiel, dass Arbeit in der Poststelle wegfällt, was mitnichten der Fall ist. Im Gegenteil, wahrscheinlich kommt mehr Arbeit auf die Poststellen zu. In jedem Fall ändern sich die Anforderungen und Arbeitsweisen vieler Menschen in vielen Bereichen des Unternehmens und dafür müssen die Weichen gestellt werden.

Arbeitsabläufe vereinfachen und standardisieren

Was kann nun ein Initialworkshop leisten, um den Einstieg so reibungslos wie möglich zu erzielen? Von erfahrenen Praktikern sind die absoluten Notwendigkeiten und Voraussetzungen auszuarbeiten, ohne die man nicht beginnen sollte. Es geht hier um Organisationsrichtlinien, Arbeitsweisen in der Poststelle, der Postkorbgestaltung der Empfänger und viele rechtliche Fragen. Ein sich banal anhörendes Thema sind immer wieder die Brieföffnungsregeln. Auch ist der Umgang mit Werbesendungen, die einen erheblichen Anteil im Posteingang ausmachen, festzulegen. Ebenso müssen verbindliche Vorgaben für Privatsendungen in Briefform und bei den elektronischen Medien definiert werden. Ohne ein komplettes Umdenken und eine konsequente Vereinfachung der Arbeitsabläufe einhergehend mit einer umfassenden Standardisierung sollte man erst gar nicht beginnen. Als Ergebnis sollte bei dem Workshop eine erste Definition der zu erledigenden Aufgaben und eine erste Abschätzung zum Kosten- Nutzenverhältnis herauskommen.

Der nächste Schritt ist dann, sich das grundsätzliche OK der Geschäftsleitung einzuholen. In der Folge ist ein verfeinertes Umsetzungskonzept mit Projektaussagen zu Kosten und Laufzeit zu erarbeiten, um ein Unternehmensprojekt im Konsens mit den wichtigsten Beteiligten zu starten, wozu dann auch die Rechtsabteilung einzubeziehen hat.

Sie sehen also, dass Digitalisierung einen „Rundumschlag“ im Unternehmen auslöst. Holen Sie sich zu Beginn Fachleute, die die Leitplanken mitbestimmen und Anfangsfehler vermeiden helfen.

Autor: Klaus Gettwart
Fachexperte und Seminarleiter der InfoLog Akademie.

Liebe Postprofis,

zunächst unterstellt der Titel der heutigen Ausgabe, dass es sie überhaupt gibt, „Die Musterpoststelle“. Intuitiv werden Sie das zunächst verneinen! Verständlich, denn für einen Praktiker, der das Tagesgeschäft mit den viele individuellen Wünschen und den gewachsenen Strukturen bewältigen muss, hört sich das nach grauer Theorie an. Ist es auch ein Stück weit! Und dennoch, aus meiner Erfahrung und aus vielen Seminaren stösst das Thema auf Interesse und ist es wert, näher betrachtet zu werden. Das wollen wir heute tun.

Was ist eine Musterpoststelle?

Stellen Sie sich vor, Sie gründen ein Unternehmen. Sie hätten unter anderem die Aufgabe, die Dokumentenlogistik und mit ihr die Poststelle als InputEinheit, als Dokumentendrehscheibe für die Arbeit in den Fachabteilungen und als Output-Einheit optimal zu gestalten. Das Szenario heisst „Grüne Wiese-Planung“. Neudeutsch und zur Zeit viel strapaziert: „Design-Thinking“. Man denkt sich die Dinge so aus, dass sie optimal laufen würden. „WünschDir-Was lautet die Aufforderung!“. Natürlich arbeitet eine solche Poststelle mit modernen Technologien, welche die Leistungsanforderungen optimal unterstützen.

Was heisst optimal?

Was heisst aber optimal? Ganz einfach: Das Verhältnis von Preis zu Leistung muss stimmen! Was ist zuerst festzulegen, der Preis oder die Leistung? Klare Antwort: die Leistung. Als erstes muss
festgelegt werden, was vom Bereich Dokumentenlogistik – Poststelle – getan werden muss, um die Fachprozesse so zu unterstützen, dass sie ihre Facharbeit optimal erledigen können.

Was ist Aufgabe einer Poststelle – bzw. der Dokumentenlogistik

Gute Frage – nächste Frage, denn das kann nicht allgemein beantwortet werden. Im Namen steckt natürlich schon eine gewisse Antwort versteckt, aber diese kann von Unternehmen zu Unternehmen anders ausfallen. Denn wenn es Ziel ist, den Mitarbeitern einen attraktiven Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, kann es gewünscht sein, dass im Zuge von knappen Fachkräften Zusatzleistungen die Attraktion steigern: Service für Privatpakete, für Fahrzeuge, für Kindergärten, kostenlose Getränke, Heimarbeitsplätze und vieles mehr. Diese Services kann man in der Verantwortung oder Ausführung natürlich zum Teil in der „guten alten Poststelle“ ansiedeln, sie werden aber in der Musterpoststelle nicht adressiert. Diese Entscheidung muss von jedem Unternehmen selbst getroffen werden, und es muss geprüft werden, wo diese Arbeiten sinnvoll anzusiedeln sind. Im Folgenden geht es also rein um die Dokumentenlogistik, die wir „optimal“ in unserer Musterpoststelle organisieren wollen. Wir schränken also die Aufgabenstellung wie im Folgenden beschrieben ein.

Wie funktioniert optimale Dokumentenlogistik?

Für optimale Dokumentenlogistik gilt ein Grundprinzip: Sinnvolle Aufgabenteilung. Fachabteilungen sollen Facharbeit leisten. Dafür werden sie bezahlt. Poststellen und Dokumentenlogistiger sind dafür verantwortlich, ihnen so viel wie möglich an Routinearbeiten abzunehmen. Das sind zeitnahe Bereitstellung und Vorbereitung der Dokumente für die Sacharbeitertätigkeit so weit wie möglich, Entgegennahme und Versand von Dokumenten so effizient und bequem wie möglich. Wer diesem Prinzip folgt und zusätzlich moderne Technologien einsetzt, ist auf dem richtigen Weg.

Umsetzung der Musterpoststelle

Und hier kommt der springende Punkt. Es gilt einen Weg zu beschreiten mit dem oben genannten Ziel. Und das Ziel wird durch die „Musterpoststelle“ umgesetzt, die es anzustreben und schrittweise zu realisieren gilt. Hierfür gibt es Seminare mit Musterprozessen, Kennzahlen und Benchmarks, wo man das Handwerkszeug lernen kann. Folgende Grundsätze sind dabei einzuhalten:

  • Ganzheitliche Betrachtung der Dokumentenlogistik
  • Neudefinition der Aufgabenteilung von Dokumentenlogistik und Fachbereich
  • Digitalisierung aller möglichen Dokumente – papierbasiert und elektronisch – auf eine einheitliche Dokumentenplattform
  • Standardprozesse internen Schriftguts einschliesslich Einschreiben oder Zustellungsurkunden zur digitalen Zustellung ohne Gegenzeichnungsroutinen
  • Einsatz moderner Technologien zur Analyse von Dokumenten und deren Inhalten
  • Klassifikation und Extraktion von Daten vor der Fachabteilung und nicht in der Fachabteilung
  • Somit Bereitstellung von weitestgehend erfassten und für die Fachabteilung vorbereiteten Dokumenten in elektronische Workflows
  • Effizientes Handling von Originalen und Paketen mit standortspezifischen Verteilstrukturen unter Einbeziehung von Paket- und Logistikstationen zur Selbstabholung
  • Effizientes Output-Management so weit als möglich digital; wenn physisch, dann mit Hybridtechnologien: Produktion der physischen Dokumente so nah wie möglich an der Kundenschnittstelle und nicht im Fachbereich.

Es gibt noch Vieles mehr hierzu zu sagen. Wir laden Sie ein, sich in Seminaren oder Workshops mit dem Thema vertiefend zu beschäftigen. Denn es lohnt sich für die Erhaltung Ihrer Arbeitsplätze und zum Wohle des Unternehmens!

Autor: Klaus Gettwart
Fachexperte und Seminarleiter der InfoLog Akademie.

Liebe Postprofis,

Wikipedia definiert: „Das „Benchmarking“ – also das Durchführen von Vergleichen sowie Analysieren und Verwerten der Ergebnisse – ist eine kennzahlengetriebene Aufgabe.

Unsere Welt ist voller Statistiken, Kennzahlen und Benchmarks. Jeder vergleicht alles mit allem. Alles wird atomisiert und analysiert. Vor jedem Fussballspiel nennen die Reporter die wichtigsten Kennzahlen: Heimstärke, Gegnerstatistik, Jahresbilanz, Hinrundenpunktebilanz und so weiter. Es gibt Städtevergleiche, Ländervergleiche, Bildungsvergleiche, Produktvergleiche, Versicherungsvergleiche, Autovergleiche. Ganze Dienstleistungsmodelle basieren auf dem Vergleich: Flugportale, Check 7 Tage 24 Stunden, alles Idealo!

Postbearbeitung ist anders?

Bei der Postbearbeitung bzw. bei Poststellen gelten andere Gesetze. In meiner langjährigen Tätigkeit wird dieses Thema erfahrungsgemäss mit sehr grosser Distanz betrachtet. Ja, Postbearbeitung ist eben etwas ganz Spezielles, die kann man nicht so  einfach benchmarken. Jede Poststelle ist anders, jeder Prozess ist anders, die Anforderungen sind individuell. Hier gilt: Äpfel mit Birnen lassen sich nicht vergleichen!

Richtig und Falsch

Richtig ist: Beim Vergleich ist genau zu definieren, was verglichen wird. Die zu vergleichenden Prozesse sind sauber gegeneinander abzugrenzen, bei der Datenerhebung ist Sorgfalt nötig. Bei der Bewertung ist Vorsicht geboten. Falsch ist: Postbearbeitung kann man nicht fair benchmarken.

Warum scheuen Poststellen den Vergleich?

Poststellen sind oftmals Auffangbecken eines Sammelsuriums von Tätigkeiten. Da lohnt es sich in der Tat nicht diese zu messen und zu vergleichen. Doch auch hier gibt es eine interessante Kennzahl: Anteil der posttypischen und der artfremden Tätigkeiten. Aber eine solche Poststelle hat natürlich ein anderes Problem!
Für die Mehrzahl der Poststellen trifft das aber nicht zu. Sie lassen sich sehr wohl messen und vergleichen. Nur die Entscheider wollen das nicht. Bis das Controlling kommt! Dann ist es aber schon spät und das Kind ist schon halb in den Brunnen gefallen. Besser ist es doch, seine eigenen Statistiken zu haben – Sie kennen den Spruch..?

Was macht einen objektiven Benchmark aus?

Am Wichtigsten sind eine genaue Definition der Prozesse, die man misst und sorgsame Datenerfassung. Klar, die Hauptprozesse sind Posteingangsbearbeitung, Postzustellung oder Digitalisierung und Postausgangsbearbeitung. Da fängt es aber schon an: Wo beginnt die Posteingangsbearbeitung, wo endet sie? Zählt das Abholen der Post im Postamt auch dazu? Zählt die Adressrecherche, die eine Poststelle macht, auch zum Posteingang? Wie vergleicht man eine Poststelle mit und ohne diese Tätigkeit. Wer nicht glaubt, dass dies möglich ist, lasse sich bitte eines Besseren belehren! Über 170, uns bekannte Poststellen, welche mit Benchmarks arbeiten, sprechen eine eindeutige Sprache! Es geht!

Die Gefahr von Benchmarks und Kennzahlen

Hauptgefahr: die zuvor genannten Regeln eines Benchmarks werden nicht eingehalten. Es kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Fehlinterpretation der Zahlen! Die einzelnen Kennzahlen sind in
den Zusammenhang zueinander zu stellen. Sie müssen interpretiert werden!
Beispiel: Eine Poststelle arbeitet nicht schlecht bei zeitaufwendigem und teurem Posteingang, wenn die Anzahl der Sortierkriterien und Sonderwünsche der Vorbereitung für die Fachbereiche weit über ein normales Mass hinausgehen. Hier ist zwar die Kennzahl „Zeit pro Poststück im Posteingang“ oder „Kosten pro Poststück im Posteingang“ im Vergleich zu anderen Unternehmen schlecht. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten ist die Leistung vielleicht aber sogar sehr gut! Allein diese Kennzahlen würden also ein schiefes Bild erzeugen. Was tun?

Kostentreiber, das Salz in der Suppe

Weitere Bewertungskriterien und Kennzahlen müssen her: Wie viele Regeln sind zu beachten, wie viele Postfächer auf die eingehende Postmenge sind zu sortieren. Diese zwei zusätzlichen Kennzahlen relativieren die Kritik an der Poststelle! Diese Kennzahlen sind von besonderer Bedeutung: Es sind so genannte Kostentreiber. Drehe ich an diesen Stellschrauben, nehme ich direkten Einfluss auf das Prozessergebnis.
Als Handlungsvorgabe ergibt sich jetzt nicht: Schlechte Postbearbeitung, zu teuer, Kosten senken oder outsourcen. Die Vorgabe heisst jetzt: reduziere die Komplexität, vereinfache die Sortierung und du erhältst bessere Ergebnisse. Alternativ gilt natürlich auch: Wenn dieser Aufwand der Sortierung weiterhin behalten bleiben soll, kritisiere nicht die Kosten!
Jeder Prozess und jeder Teilprozess hat solche Kostentreiber. Ein guter Benchmark kennt die Kostentreiber und sorgt für die Herausarbeitung und Einbeziehung in die Bewertung.

Empfehlungen

Erstens: Führen Sie Benchmarks durch. Sie objektivieren die Leistung und schützen die Poststelle vor pauschalen Falschaussagen.
Zweitens: Lassen Sie sich in einem Benchmark nicht nur die rohen Zahlen liefern. Sorgen Sie dafür, dass die Kennzahlen von Fachleuten interpretiert und in einen Zusammenhang gestellt werden. Drittens: Veröffentlich Sie die Ergebnisse der Kennzahlen nur zusammen mit deren Interpretation und zugleich mit Vorschlägen für mögliche Massnahmen zur Verbesserung.
Viertens: Machen Sie diese Arbeit in jedem Fall selbst, als Fachmann und lassen Sie nicht zu, dass Entscheider, die die Zusammenhänge nicht kennen, falsche Rückschlüsse aus der Eigeninterpretation von Zahlen ziehen, die für die jeweilige Aussage weder relevant sind noch sachgemäss und fachgerecht ermittelt wurden.

Fazit

Benchmarks richtig eingesetzt sichern die Zukunft von Poststellen

Autor: Klaus Gettwart
Fachexperte und Seminarleiter der InfoLog Akademie.

Liebe Postprofis,

viele Unternehmen und öffentliche Organisationen haben sich die Einführung von digitalen Bearbeitungsprozessen in der Verwaltung vorgenommen und viele scheitern an dem Vorhaben – wenn man genau hinsieht!

Ja, dargestellt werden die Ergebnisse anders! Man ist schon stolz darauf, wenn man Rechnungen im Posteingang scannt und an die Buchhaltung weitergibt oder Akten für die Fachabteilungen scannt. Aber Digitalisierung meint in diesem Zusammenhang etwas anderes!

Es geht darum das gesamte Input-Management mit den nachgelagerten Arbeitsprozessen papierlos bzw. so papierarm wie möglich durchzuführen. Das betrifft viele Geschäftsprozesse von der Buchhaltung über den Service, die Kundenbetreuung, Personalabteilung, Vertragsverwaltung in der Rechtsabteilung, um nur einige zu nennen. In öffentlichen Einrichtungen sind es die Abläufe in den verschiedenen Amtsbereichen, die es umzustellen gilt.

Mit der Digitalisierung von Dokumenten, sprich dem Scannen und elektronischen Bereitstellen hat das nur im Ansatz zu tun. Die eigentliche Wertschöpfung erfolgt in den nachgelagerten Fachbereichen, nicht in der Poststelle. Letztere hat in der Regel mehr Arbeit und braucht höherqualifizierte Mitarbeiter.

Warum tun sich die Organisationen mit der Umsetzung dieses ganzheitlichen Ansatzes so schwer? Anbei die wichtigsten Gründe aus unseren Projekterfahrungen zusammengetragen:

  • Es gibt zwar ein globales Bekenntnis der Geschäftsleitung zur Digitalisierung, aber die erforderlichen fachübergreifenden Notwendigkeiten zur Reorganisation werden nicht klar genug adressiert und mit konkreten Massnahmen unterfüttert.
  • Digitalisierung wird unterschätzt und man macht sich zu allererst Gedanken über die Technik und nicht über die Organisation und die Arbeitsabläufe.
  • Es gibt keinen Gesamtverantwortlichen für das Projekt, der exklusiv die Projektorganisation übernimmt. Der benannte Verantwortliche macht das Projekt neben seinem Tagesgeschäft. Er hat nicht genügend Kompetenz, berufen durch die Geschäftsleitung.
  • Die IT leitet das Projekt. Sie hat aber oftmals nicht ausreichend Fachkenntnisse in diesem Spezialgebiet. Und Reorganisation der Abläufe hat sie schon erst recht nicht „auf dem Schirm“.
  • Banale Einstiegsfragen werden zu spät angegangen: Wo kommt die physische Post an, wer darf sie öffnen, was machen wir mit der Werbepost?
  • Die Fachbereiche blocken, wenn es an die Umsetzungsplanung geht: Tätigkeiten werden nach vorhandenen Arbeitskapazitäten verteilt und nicht nach Prozesslogik. Der Klassiker: Die Poststelle sortiert die Digitalisierungspost aus, trägt sie in die Fachabteilung und dort wird gescannt. Der Grund: Die Poststelle bräuchte mehr Kapazität für das Scannen und Vorbereiten, hat diese aber aktuell nicht. Die Fachabteilung nutzt die eingesparten Zeiten für das Erfassen der Daten und scannt die Post. Aus Prozess- und Kostensicht dreht sich einem der Magen um!
  • Die Personalabteilung und die Geschäftsleitung oder der Verwaltungsrat werden im Projekt nicht frühzeitig eingebunden. Es werden sich Arbeitsinhalte, Arbeitszeiten und Einkommensverhältnisse der Mitarbeiter skillbasiert verändern. Es muss ein längerfristiger 2-5 Jahresplan zur bereichsübergreifenden Reorganisation der Verwaltung aufgesetzt werden, um Kündigungen zu vermeiden und um auszuschliessen, dass Mitarbeiter in den zukünftigen Tätigkeiten über- oder unterfordert sind.
  • Bei der Einführung lässt man sich nicht ausreichend Zeit, um die Mitarbeiter zu schulen und auszubilden.
  • Ein letzter sehr schwerwiegender Grund kommt hinzu: Es braucht eine andere als die klassische Projektarbeit. Digitalisierungsprojekte sind wie beschrieben bereichsübergreifende und langfristige Projekte. Man kann sie nicht mit der klassischen Wasserfallmethode“ umsetzen: Detaillierte Kosten- und Projekt-Planung, Festschreibung der Meilensteine, Lastenhefte, Pflichtenhefte, Umsetzung nach Plan. Die Rahmenbedingungen ändern sich in unserer vernetzten und schnelllebigen Welt zu schnell. Man braucht einen globalen Gesamtplan und muss dann in kleinen, agilen Projektschritten bausteinweise Einzelteile des Projekts umsetzten und abschliessen ohne das Gesamtziel aus den Augen zu verlieren.

Und „Pro Domo“ gesprochen: Natürlich ist bei der Umsetzung auch externes Know-How erforderlich. Fachlich gesehen, in den Spezialtechnologien und organisatorisch was die Erfahrungen aus anderen Unternehmen und Projekten betrifft. Ein externer Partner kann unangenehme Wahrheiten leichter und ohne Folgen für seine Karriere sagen, im Gegenteil, das wird von ihm erwartet.

Autor: Klaus Gettwart
Fachexperte und Seminarleiter der InfoLog Akademie.

Schneller, effizienter, günstiger: Das integrierte Briefpostmanagement

Explosives Wachstum

Die waadtländische IV-Stelle OAI entstand 1995, nach dem Inkrafttreten der 3. IV-Revision. Damals beschäftigte die Stelle noch 95 Personen – heute sind es 330 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dieses Wachstum verlangte natürlich eine starke Erweiterung der Räumlichkeiten: Der OAI-Sitz an der Avenue Général Guisan 8 in Vevey wurde durch den Anbau von neuen Gebäuden erweitert.

Harte Herausforderung für die Poststelle

Als die Neugestaltung der IV-Stelle aktuell wurde, nahmen die Verantwortlichen die Probleme des internen Postdienstes unter die Lupe. Das rasche Wachstum hatte zur ständigen Erweiterung der internen Poststelle geführt – und somit zu einer Zersplitterung des Dienstes und seiner Funktionen im Gebäude. Die ursprüngliche Poststelle war zu eng geworden.

Eine neue interne Briefpoststelle

Wer im Stadtkern bauen will, muss viele Einschränkungen in Kauf nehmen. Und schließlich Kompromisse akzeptieren! So auch bei der IV-Poststelle: Sie musste in einem Raum unterbracht werden, der zwar für die An- und Auslieferung der Briefpost optimal lag, aber relativ lang und schmal war. Diese Eigenschaften forderten die gestalterischen Fähigkeiten der Planer heraus, damit der Dokumentenfluss von A bis Z optimal verwaltet werden kann.

Vorangehendes Audit

Vizedirektor Jean-Paul Morel sagt es klar und deutlich: «Die interne Postlogistik ist die neuralgische Stelle des OAI. Wir erhalten jährlich 171‘000 Sendungen mit insgesamt 730‘000 Seiten und verschicken 407‘000 Dokumente – Tendenz steigend.» Im Bewusstsein der zu erwartenden Schwierigkeiten beschloss das OAI, die Neugestaltung der Briefpoststelle nicht sofort auszuschreiben, sondern zuerst ein vertieftes Audit durchzuführen.

Das Syspost-Audit

Ein Jahr vor Projektstart gab das OAI Syspost den Auftrag, eine ausführliche Studie über die postalischen Bedürfnisse der IV-Stelle durchzuführen und Massnahmen zu empfehlen. Dieses Mandat wurde vergeben, ohne dadurch die endgültige Lieferantenwahl zu präjudizieren. Syspost analysierte die Strukturen und den Betriebsablauf der Briefpostbearbeitung sowie die Pläne des neuen Gebäudes und des vorgesehenen Postraums.

Zentralisierung vs. Dezentralisierung

Die IV-Stelle Waadt legt Wert darauf, die eingehende Post am Ankunftstag zu bearbeiten. Das bedingt ein rasches Erfassen der eingehenden Dokumente. Sie werden beim Empfang nach einer ausgeklügelten Kriterienliste sortiert und den Scanningstellen zugeteilt, die sie digitalisieren und nach verschiedenen Parametern registrieren. Die OAI-Berater haben direkten Zugriff auf die erfassten Dokumente und behandeln sie persönlich. Eine besondere Herausforderung bestand darin, den Scanningdienst in den Postempfangs- und Versanddienst zu integrieren. Bisher bildeten diese Dienste eigene Abteilungen. Die von Syspost empfohlene Lösung war erfolgreich.

Gesteigerte Produktivität: Das neue Briefpost-Bearbeitungscenter

Nach Auswertung des Audits erteilte das OAI Syspost den Auftrag, das neue Servicecenter einzurichten. Die Planung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem OAI. Jean-Paul Morel: «Die Kooperation war mustergültig. Syspost hat die Ergebnisse ihrer Analyse mit unseren bisherigen Erfahrungen und unseren zukünftigen Erwartungen verknüpft, um über 20 ergonomisch richtig konzipierte Arbeitsplätze auf nur 200 m² einzurichten – trotz schwieriger Platzverhältnisse.» Syspost integrierte die vorhandenen Einrichtungen in das definitive Konzept. Die neuen Einrichtungen für das Sortieren, Scannen, Verteilen, Abholen und Versenden der Briefpost wurden so ausgewählt, dass sie mit den Erfordernissen der neuen Verfahren übereinstimmen. Dank einem Ad-hoc-Schulungsprogramm war die neue Briefpoststelle sofort zu hundert Prozent einsatzfähig. Ergebnis: Eine deutlich gesteigerte Produktivität und eine Reduzierung des Personalbestands um zwei Vollstellen. Diese Reduktion konnte ohne Entlassungen vorgenommen werden, was zum Aufrechterhalten des guten Arbeitsklimas und der hohen Motivation des Personals beitrug.

Case Study: Die waadtländische IV-Stelle OAI (Office de l’assurance-invalidité), Vevey